Wahlprüfsteine „Vielbunt e.V.“

GRÜNE Antworten auf die vielbunten Forderungen an die Kommunalpolitik

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Liebe Freund*innen von vielbunt,
zunächst möchten wir uns bei euch bedanken für die wichtige Arbeit, die ihr in Darmstadt leistet. Ohne euer Engagement und den Druck in der Öffentlichkeit hätten wir sicherlich nicht so viele Dinge in Darmstadt umsetzen können, die die Stadt queerer und bunter machen.

Wir GRÜNE setzen uns für die Rechte und Akzeptanz von LSBT*IQ ein. Wir stellen uns der Diskriminierung von LSBT*IQ entgegen und wollen die enge Zusammenarbeit mit den LSBT*IQ-Akteur*innen in  Darmstadt, insbesondere mit euch, weiter vertiefen. Seit eurer Gründung leistet ihr einen wichtigen Beitrag zu einer toleranten und vielfältigen Stadtgesellschaft. Ihr gebt queeren Menschen ein Gesicht und wirkt durch Aufklärung homo-, bi und transfeindlicher Diskriminierung entgegen. Dies unterstützen wir GRÜNE ausdrücklich. Wir sind am Ziel, wenn queere Menschen selbstbestimmt Leben und sich nicht mehr vor Diskriminierung und Benachteiligung fürchten müssen.

LSBT*IQ sind sichtbarer – Darmstadt ist queerer geworden. Die Stadt zeigt seit Jahren Flagge, ob zum Christopher Street Day, zum IDAHOBIT oder zum Jahrestag des Stonewall Aufstands in New York. 2020 wurde der Prozess für die Errichtung eines Denkmals für die nach §175 verfolgten Homosexuellen abgeschlossen und eine LSBT*IQ- Stelle in der Stadtverwaltung eingerichtet und in Kürze besetzt. Die Arbeit in dem von der Stadt zur Verfügung gestellten Queeren Zentrum in der Oetinger Villa nimmt Fahrt auf. Wir unterstützen die Arbeit im queeren Jugendzentrum ideell und auch finanziell, jetzt auch – im Rahmen der Neustrukturierung der offenen Kinder- und Jugendarbeit – mit der Finanzierung noch einer zusätzlichen Personalstelle. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die neu eingerichtete städtische Koordinierungsstelle
ausgebaut wird, um die Diversitykompetenz der Verwaltung weiter zu stärken. Unser Ziel ist es, in Zusammenarbeit mit euch, der LSBT*IQ-Netzwerkstelle Südhessen sowie der Antidiskriminierungsstelle des Landes Hessen und weiteren LSBT*IQ-Akteur*innen Strategien zu erarbeiten und umzusetzen, um queeres Leben in Darmstadt noch stärker zu unterstützen und die Akzeptanz weiter zu fördern.

Auf eure Forderungen möchten wir nachfolgend antworten.

Unisex Toiletten und Unisex (Einzel)Umkleiden

In vielen europäischen Ländern sind Unisex-Toiletten bereits Normalität. Sie stehen allen zur Verfügung, sodass der Zwang entfällt, sich beim Gang auf die Toilette einem Geschlecht zuordnen zu müssen. Zudem werden trans- und intersexuellen Menschen vor dem Vorwurf geschützt, das vermeintlich falsche WC zu nutzen.

Wir setzen uns dafür ein, dass in öffentlichen Gebäuden insbesondere im Zusammenhang mit Renovierungs- und Umbaumaßnahmen sowie bei Neubauten vermehrt geschlechtsneutrale Toiletten einrichtet werden. In Sportstätten soll bei Baumaßnahmen auf die Verfügbarkeit geschlechtsneutraler Umkleiden und Sanitäranlagen geachtet werden.

Hilfe für LSBT*IQ Jugendliche

Gerade in der Phase der Identitätsfindung kann es für queere Jugendliche zu Konflikten im Elternhaus kommen, wenn Eltern oder Erziehungsberechtigte eine LSBT*IQ-Identität nicht akzeptieren. Werden die Jugendlichen in ihrer Entwicklung diskriminiert, eingeschränkt oder kommt es gar zu körperlicher Gewalt können psychische Probleme die Folge sein.

Grundsätzlich stehen alle Jugendhilfeeinrichtungen allen jungen Menschen offen – dennoch sehen wir auch, dass es immer noch Hürden gibt, dass queere Jugendliche sich willkommen, anerkannt und gut aufgenommen fühlen. Deshalb sind insbesondere Fortbildungs- und Sensibilisierungsangebote für die pädagogischen Fachkräfte, klare Strukturen gegen Diskriminierung und Vielfalt in den Einrichtungen notwendig. Unter Umständen können auch separierte Einrichtungen notwendig sein, dafür sollte eine Angebotsstruktur aufgebaut werden, da die zielgruppenorientierte Jugendhilfe ein wichtiger Teil eines guten Unterstützungs- und Begleitungssystems ist. Auch die ambulanten Angebote im Vorfeld zu stationärer Jugendhilfe sind auf ihre Durchlässigkeit zu überprüfen, das Wissen um die Lebensumstände und unter Umständen entstehende Problemlagen von queeren jungen Menschen muss in allen Bereichen bei den Fachkräften vorhanden sein, um gut zu beraten und gut zu begleiten und ausreichend Verständnis für Beziehungsarbeit entwickeln zu können. Dafür werden wir uns absolut einsetzen.

Queer-sensible Schulsozialarbeit

Wir möchten SCHLAU mit einer hauptamtlichen Stelle zur Terminkoordination unterstützen, um noch mehr Jugendliche zu erreichen. Diese kann beispielsweise bei vielbunt angesiedelt werden. Wir setzen uns dafür ein, dass an Schulen qualifizierte Personen benannt werden, die als Ansprechpartner*in für queere Themen zur Verfügung stehen. Die sozialraumorientierte Schulsozialarbeit, die in Darmstadt flächendeckend in allen Stadtteilen und in Bezug zu allen Schulformen ausgebaut wurde, ist eine wichtige Anlaufstelle für Schüler*innen, Lehrkräfte, Eltern und andere. Eine enge Kooperation mit dem SCHLAU-Projekt kann hier sehr unterstützend sein und sollte intensiviert werden. Grundsätzlich unterstützen wir sehr, auch in diesem Bereich die Sensibilität und Fortbildung der Fachkräfte am Ort Schule zu fördern.

Inter* Sensibilisierung in der Kinderbetreuung

Familienformen werden immer vielfältiger. Es gibt Patchwork- oder Einelternfamilien sowie Regenbogenfamilien. Auch die geschlechtliche Identität bei Kindern ist nicht immer eindeutig. In Kitas gibt es inter- und trans* Heranwachsende sowie Kinder, die sich später einmal als lesbisch, schwul oder bisexuell identifizieren. Erzieher*innen und Pädagog*innen erleben dies in ihrem Kita-Alltag, sind aber im Umgang diesbezüglich nicht durchgängig geschult. Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass die Bildungsangebote für Erzieher*innen um queere Themen erweitert werden, um den Bedürfnissen von inter- und trans* Kindern
gerecht zu werden.

LSBT*IQ Geflüchtete

Unter den Geflüchteten, die in den vergangenen Jahren nach Darmstadt kamen, sind ebenfalls queere Menschen. Diese haben es in den Gemeinschaftsunterkünften oft besonders schwer, da in vielen Kulturen Trans*- und Homofeindlichkeit noch weit verbreitet sind. Wir setzen uns für Schulungsangebote innerhalb des Bereichs Asyl- und Ausländerwesen ein, um Beschäftigte für die Bedarfe queerer Menschen zu sensibilisieren und Lösungsmöglichkeiten in Fragen der Unterbringung zu erarbeiten. Auch die beratenden Fachkräfte möchten wir in die Schulungen einbeziehen, die Mitarbeitenden in den Erstwohnhäusern oder in den Beratungsstellen, aber auch die ehrenamtlichen Unterstützer*innen. Im Amt für Soziales und Prävention arbeiten vier pädagogische Koordinationspersonen für die Belange in den Erstwohnhäusern. Wir werden über die zuständige Dezernentin gerne eine geschulte Ansprechperson für Rainbow-Refugees initiieren.

Barrierefreiheit im Queeren Zentrum

Das Jugendamt und das städtische Immobilienmanagement sind bereits beauftragt gemeinsam mit vielbunt und JuKuZ über einen barrierefreien Ausbau der Oettinger Villa zu sprechen. Den Einbau taktiler Leitsysteme, induktiver Höranlagen und weiterer Systeme, um mehr Teilhabe zu ermöglichen, unterstützen wir ausdrücklich.

Diskriminierungsfreie Sprache

Wir setzen uns dafür ein, dass die Stadt und ihre Unternehmen diskriminierungsfreie Sprache einsetzen. In den vergangenen Jahren haben sich – auch in der kommunalen Verwaltung und Dezernaten – Gendersternchen, Doppelpunkt oder Unterstrich bereits in vielen Bereichen durchgesetzt. Auch in der Tagesschau kommt der gesprochene Genderstern zum Einsatz.

Neben der Sprache ist es uns auch wichtig, dass sich queere Menschen in der Bildsprache angesprochen fühlen und auch repräsentiert werden. Wir setzen uns daher dafür ein, dass die Stadt sowie die kommunalen Unternehmen in Werbeanzeigen und Publikationen darauf achten, die Vielfalt unserer Bürger*innenschaft zu zeigen, beispielsweise durch die Abbildung von Regenbogenfamilien oder gleichgeschlechtlichen Paaren. Auch bei Stellenausschreibungen ist eine diverse Darstellung von großer Bedeutung, die wir fordern und im Sinne der Ausschreibungen der Stadtverwaltung unterstützen.

Selbstverständnis zur Antidiskriminierung bei Städtepartnerschaften

Die Akzeptanz und die Selbstbestimmung sexueller und geschlechtlicher Minderheiten stellt für uns einen universeller Wert dar. So hat unser GRÜNER Oberbürgermeister Jochen Partsch bei Aufkommen des gesellschaftspolitischen Backlashs in Polen diese Werte in einem Schreiben an die Stadtregierung unserer Partnerstadt in Płock hervorgehoben. Dieses Schreiben wurde vom Stadtpräsidenten, der auch Schirmherr der dortigen Demonstration für Vielfalt ist, im Parlament vorgetragen. Bisherige Initiativen zur Ausrufung sog. LSBT*IQ freier Zonen wurden dort abgelehnt.

Der Erstellung eines solchen Selbstverständnisses stehen wir offen gegenüber!

Queere Themen die ihr darüber hinaus in unserem Wahlprogramm findet:

Darüber hinaus ist es uns wichtig, dass wir uns als Gesellschaft für queere Menschen im Alter einsetzen. In Deutschland leben schätzungsweise rund eine Million über 65-Jährige, die sich als Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen identifizieren. So vielfältig und unterschiedlich sie und ihre Lebensgeschichten auch sind, was viele von ihnen verbindet, ist die gemeinsame Erfahrung von Ablehnung, Ausgrenzung, Diskriminierung, Denunziation und teilweise auch von Gewalt und Strafverfolgung aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und/oder geschlechtlichen Identitäten.

Im Alter sind LSBT*IQ dieser sogenannten Baby-Boomer-Generation aufgrund geringerer familiärer Unterstützung beziehungsweise höherer Kinderlosigkeit stärker auf professionelle Einrichtungen der Altenhilfe angewiesen. Gleichzeitig ziehen sie sich nach allgemeiner Einschätzung aus Wissenschaft und Praxis in Pflegeheimen zunehmend zurück. Oder sie bleiben als LSBT*IQ unsichtbar, da die eigene Identität aus Angst vor erneuter Zurückweisung nicht selten verborgen gehalten wird.

Wir wollen daher für queere Menschen im Alter ein diskriminierungsfreies Umfeld schaffen, in dem sie Akzeptanz und Respekt erfahren. Dafür sollen den Mitarbeiter*innen von entsprechenden Einrichtungen und Pflegediensten Schulungen und Fortbildungsmaterial angeboten werden. Wo nötig, sind vor Ort Beratungsmöglichkeiten zu schaffen. Ferner setzen wir uns dafür ein, dass in Kooperation mit der  Interessenvertretung für ältere Menschen in Darmstadt die Thematik aufgegriffen und Maßnahmen für und mit queeren Senior*innen erarbeitet werden.

Ein weiteres Feld, auf dem wir die Akzeptanz queerer Menschen voranbringen wollen, ist im Sport. Dieser ist traditionell von einer eindeutigen Trennung nach Stereotypen geprägt. Im Training, in Wettkämpfen, auf Weltranglisten und bei Olympia ist die Aufteilung nach Mann und Frau grundlegendes Prinzip. An gemeinschaftlichen sportlichen Aktivitäten teilzunehmen, stellt daher für queere Menschen meist eine Herausforderung dar. Wir setzen uns dafür ein, dass mehr Sportangebote für queere Menschen initiiert werden. Vereine, die Projekte für trans* und inter* Jugendliche und Erwachsene sowie LSBT*IQMenschen
im Allgemeinen schaffen möchten, sollen bei der Umsetzung dieser Projekte von der Stadt unterstützt werden. Die städtische LSBT*IQ-Stelle soll hierbei eine koordinierende Rolle einnehmen.