Wahlprüfsteine „FUSS e.V.“

Den Verkehr auf die Füße bringen

Sehr geehrte Damen und Herren,

der Fuss e.V. – Fachverband Fußverkehr Deutschland, vertritt die Interessen der zu-Fuß-Gehenden in Deutschland (Start (fuss-ev.de)). Wir, die Mitglieder der Ortsgruppe Darmstadt von Fuss e.V., haben es uns zur Aufgabe gemacht, die Belange der Zu-Fuß-Gehenden bei den Verantwortlichen in Darmstadt stärker in den Fokus zu rücken. Bisher stellen wir fest, dass die Wünsche und Forderungen der Radfahrenden (die wir fast alle akzeptieren und mittragen) in Darmstadt viel stärker berücksichtigt werden. Wir, die Zu-Fuß-Gehenden, fühlen uns in Darmstadt eher als „Abgehängte“ (und viele Leserbriefe im Echo
bestätigen dies in letzter Zeit). In diesem Jahr wird ein neues Parlament in Darmstadt gewählt. Das ist eine gute Gelegenheit,
die bei der Wahl auftretenden Parteien nach Ihren Vorstellungen zur Mobilität in Darmstadt und insbesondere für die Zu-Fuß-Gehenden zu fragen. Wir, die Zu-Fuß-Gehenden, sind eine nicht gerade kleine Anzahl von Bürger*innen, die bei der Wahl ein gewichtiges Wort mitreden können.

Wir wünschen uns eine Stadt, in der die Bereiche, die den Zu-Fuß-Gehenden zur Verfügung stehen, wieder so attraktiv gestaltet werden, dass eine entspannte Nutzung für die unterschiedlichsten Aktivitäten möglich wird.

Was uns besonders stört:

  • Rücksichtlos Radfahrende auf Bürgersteigen und in Fußgängerzonen, die ausschließlich für Zu-Fuß-Gehende vorgesehen sind bzw. eine angepasste Geschwindigkeit erfordern, wenn Radfahren mit Einschränkungen zugelassen ist (sehr  neuralgische Punkte sind die Haltestelle Schulstraße und die zentrale Fußgängerzone; es gibt kaum Kontrollen und Sanktionierungen durch die Stadt).
  • Auf Bürgersteigen verbotenerweise parkende Pkws, die den Fußbereich einengen bzw. an Kreuzungen durch falsch geparkte Pkws die Sicht versperren (das duldet die Stadt und tut fast nichts dagegen).
  • Kinder und ältere Menschen sind von dieser Situation besonders betroffen.Wir können das Argument nicht mehr akzeptieren, dass es hier nur wenige Unfälle gibt.

Was sollen die Zu-Fuß-Gehenden machen, wenn sie durch Radfahrende erschreckt oder rücksichtslos zur Seite gedrängt werden? Wer nimmt sich zu diesem Zeitpunkt ihrer Probleme an? Der Adrenalinpegel steigt rasant, Angst und Unsicherheit machen sich breit. Und das Problem verschärft sich noch deutlich durch Elektroräder und -roller.

Aber auch das ist nicht besonders gut:

  • Zugestellte Bürgersteige und Fußgängerbereiche (z.B. durch Mobiliar von Gaststätten,
    Mülltonnen oder Elektroroller), schlechte und zu schmale Gehwege.
  • Fußgängerampeln, die uns ewig warten lassen bzw. für die Überquerung zu kurz geschaltet
    sind.

Unsere Forderungen:

1. Wir fordern eine/n Fußverkehrsbeauftragte* im Mobilitätsamt, der/die unsere Interessen intensiver vertritt.

2. Wir fordern intensivere Kontrollen und härtere Sanktionierung in den für die Zu-Fuß- Gehenden reservierten Bereiche. Das beginnt mit den Bürgersteigen, auf denen Radfahrende eigentlich zu Fuß gehen sollten bzw. Schrittgeschwindigkeit zu fahren hätten. Das betrifft aber auch die Fußgängerzonen, in denen das Zusammenleben von Radfahrenden, ÖPNV, Lieferdiensten und Zu-Fuß-Gehenden nicht eindeutig geregelt ist und die vorhandenen Regeln in sehr vielen Fällen nicht beachtet werden.

3. Wir fordern deshalb mehr Präsenz von Seiten der Polizei und zeitnah weitere Fahrradstaffeln, die sich mit diesen Problemen auseinandersetzen können und die ertappten Personen auch zur Rechenschaft ziehen. Eine Radstaffel mit zwei Rädern und befristeten Kontrollen ist viel zu wenig.

4. Daher fordern wir deutlich mehr Personal für die Überwachung der Einhaltung von festgelegten Regeln und deren Sanktionierung.

5. Wir wünschen uns deutliche Stimmen aus der parlamentarischen bzw. parteilichen Umgebung, die sich für die Belange der Zu-Fuß-Gehende einsetzen.

6. Wir wünschen uns klare, verbindliche und häufiger wiederholende Aussagen, Konzepte und Umsetzungspläne unser Stadtoberhäupter (OB Partsch, Bürgermeister Reißer, Abgeordnete) zu unseren Belangen.

7. Wir wünschen uns eine stärkere Berücksichtigung unserer Belange in den wichtigen Gremien und Bereichen, die sich mit Mobilität befassen (u.a. Miteinanderzonen beim Stadtmarketing).

Was wird Ihre Partei für die Zu-Fuß-Gehenden tun?

Rechtzeitig vor den Wahlen hätten wir gerne eine Stellungnahme Ihrer Partei zu den Fragestellungen der Zu-Fuß-Gehenden. Das ist Ihre Chance, Wählerstimmen der Zu-Fuß-Gehenden zu gewinnen.

Mit erwartungsvollen Grüßen,
Fuss e.V., Ortsgruppe Darmstadt


Unsere Antwort

Sehr geehrte Damen und Herren!

Vielen Dank, dass Sie sich an uns wenden, um uns Ihre berechtigten Sorgen und Nöte als Fußgehende zu schildern, sowie konkrete Verbesserungsvorschläge und Wünsche zu benennen.

Wir GRÜNE sehen, dass die Situation für Fußgänger*innen an vielen Stellen im Stadtgebiet dingend weiter verbessert werden muss. Der begrenzte Raum auf den Straßen ist hart umkämpft und das Nachsehen haben oft die schwächsten Verkehrsteilnehmer*innen.

Wir setzen uns daher dafür ein und arbeiten seit Jahren daran, den öffentlichen Raum gerechter – zugunsten der Fußgehenden und Radfahrenden – zu verteilen. Wir fördern den sogenannten Umweltverbund, der nicht nur den ÖPNV und die Radfahrenden, sondern explizit auch die Zu-Fußgehenden einschließt. Dabei erfahren wir enormen Widerstand und teilweise auch harte Anfeindungen.

Auch wir wollen “den Verkehr auf die Füße bringen” und werden den Fußverkehr als die umweltfreundlichste Form der Mobilität weiter fördern. Dazu finden sie an vielen Stellen in unserem Wahlprogramm Forderungen, wie beispielsweise diese:

“Diese gesunde Form der Fortbewegung wollen wir GRÜNE weiter fördern und unterstützen, sodass der Anteil mindestens so hoch wie heute bleibt. Dafür werden wir einen Fußverkehrscheck durchführen, um konkrete Verbesserungsmaßnahmen zu identifizieren.

>>> Hauptrouten für den Fußverkehr sollen ausgewiesen, ansprechend gestaltet sowie mit Sitzgelegenheiten ausstattet werden. 
>>> Zudem werden wir den Ausbau barrierefreier Gehwege nach neusten Standards mit einer Mindestbreite von 2,10 m weiter vorantreiben.”

Rücksichtsloses Parken auf Gehwegen oder auf Straßenkreuzungen werden wir nicht weiter tolerieren. Es ist inakzeptabel, dass Menschen mit Kinderwagen oder einem Rollator den Gehweg nicht ungehindert benutzen können, weil sie dort von widerrechtlich abgestellten Autos behindert werden.

Im Sinne der Bewegungsfreiheit aller, die zu Fuß in der Stadt unterwegs sind – der Kinder, Senior*innen und Bewohner*innen der Viertel – werden wir uns also dafür einsetzen, dass regelwidriges Gehwegparken konsequent geahndet wird.

Das fehlende Unrechtbewusstsein vieler Autofahrer*innen rührt auch daher, dass dies bislang viel zu selten geschieht. Den meisten ist wahrscheinlich nicht klar, dass Pkw nur in besonders ausgewiesenen Zonen halb auf dem Gehweg stehen dürfen.

Dazu finden Sie im GRÜNEN Wahlprogramm:

Das Parken auf Gehwegen behindert Menschen, die zu Fuß unterwegs sind, in ihrer Bewegungsfreiheit innerhalb des für sie vorgesehenen Straßenraums. Es stellt eine besondere Gefahr für Kinder und Menschen mit Beeinträchtigung dar und ist in den meisten Fällen verboten.Dennoch ist Gehwegparken sehr verbreitet und wird als „gefühltes Gewohnheitsrecht“ verstanden.

>>> Wir GRÜNE treten dafür ein, dass die Einhaltung gültiger Regeln zugunsten der Fußgänger*innen und des Erhalts des Stadtgrüns konsequent durchgesetzt wird. Wir werden dafür sorgen, dass ausreichend Personal für Kontrollen zur Verfügung steht. Ein besonderer Fokus soll auf zugeparkten Kreuzungsbereichen, Gehwegen und Grünflächen liegen. Auch die Aufstellung von Pollern, Pflanzkübeln und Sitzgelegenheiten soll dabei helfen.

>>> Wir setzen wir uns für eine konsequente Ahndung des unerlaubten Parkens ein. 
>>> Wir werden unsere Handlungsmöglichkeiten nutzen, um zu erreichen, dass E-Scooter nicht Gehwegflächen verstellen und Fußgänger*innen behindern.”

Durch das Einrichtung von Anwohnerparkbereichen in den Stadtvierteln werden wir das Parken ganz neu ordnen. Bis 2023 soll entsprechend unseres GRÜNEN Wahlprogramms im gesamten Stadtgebiet Parkraumbewirtschaftung eingeführt sein.

Um die Gehwege von illegal parkenden Autos frei zu halten, werden Kontrollen verstärkt werden müssen. Und wo das Sanktionieren nicht ausreicht, sollen auch durch das Aufstellen von Pollern, Pflanzkübeln oder Sitzgelegenheiten die Fußwege freigehalten werden. Denn diese sind für die Menschen reserviert.

(siehe auch unser GRÜNES Wahlprogramm Kapitel Stadtentwicklung und Mobilität 1.3.7.)

Konflikte haben wir nicht nur zwischen Radfahrenden und Pkw sondern auch zwischen Fuß- und Radverkehr. Radfahrende weichen oft aus Angst vor gefährlichen Situationen, aus Bequemlichkeit oder schlicht rücksichtslos auf Gehwege aus. Dagegen müssen wir vorgehen.

Auf Antrag der GRÜNEN Fraktion wurde im Dezember eine Informationskampagne auf den Weg gebracht, die sich an alle Bürger*innen richtet.

Darin wird zum einen über die kürzlich aktualisierten Regeln der StVO aufgeklärt und andererseits zu rücksichtsvollem Verhalten im Verkehr aufgerufen.

Gerade weil der Platz in der Stadt und auf unseren Straßen immer knapper wird, wird die gegenseitige Rücksichtnahme und Regelkonformität immer wichtiger. Denn ein umsichtiges Miteinander, das auf Rücksicht, Vorsicht und auf Nachsicht baut, ist wirksamer als alle Kontrollen und Sanktionen! Dafür wollen wir uns einsetzen. Was im Umkehrschluss aber nicht heißen soll, dass auf Sanktionen verzichtet wird. (Siehe Antrag https://darmstadt.more-rubin1.de/beschluesse_details.php?vid=341011100063&nid=ni_2020-Stavo-152&suchbegriffe=&select_gremium=&select_art=&status=1&x=6&y=13

An einigen Hauptverkehrsstraßen in Darmstadt ist das – rücksichtsvolle – Radfahren auf Gehwegen hingegen explizit erlaubt. Diese scheinbar “platzsparende” Lösung führt natürlich schnell zu Konflikten zwischen Radfahrenden und zu Fußgehenden. Diese wollen wir reduzieren, indem wir Fuß- und Radwege an allen Hauptverkehrsstraßen in Zukunft getrennt führen. Wo der Platz knapp ist, müssen dafür Autospuren oder Parkplätze weichen. Wenn Fuß- und Radwege als eigene Spuren angelegt werden, bleibt der Gehweg den Fußgehenden vorbehalten. Radfahrende, E-Roller-Fahrer*innen usw., die sich dann nicht an diese Regelung halten, müssen sanktioniert werden.

Konflikte zwischen Radfahrenden und Fußgänger*innen sind besonders häufig auf der Westseite der Rheinstraße zu erleben. Auch diese problematische Stelle wollen wir für Fußgänger verbessern. Dazu aus unserem Wahlprogramm:

“Die (Auto-)Fahrspur in der mittleren Rheinstraße stadtauswärts, ab der Grafenstraße bis zum Kennedyhaus, ist wenig frequentiert. Mit den bestehenden Arkaden und ihrer Südausrichtung bietet diese Seite großes Potenzial für die Nutzung als autofreier Boulevard mit Bestuhlung sowie ausgedehnten Grün- und Wasserflächen.

 Der bisher in erster Linie als Ausfahrt aus der Parkgarage genutzte Bereich wird durch diese Maßnahme für die Menschen zurückgewonnen. Die Mollerstadt erhält durch ein grünes Band Anschluss an Luisen-, Friedens- und Marktplatz. Es entsteht deutlich mehr Platz zum Flanieren und zur Erholung in der Innenstadt. Wir wollen die Entwicklung eines autofreien Boulevards mit Grün- und Wasserflächen in der mittleren Rheinstraße prüfen lassen und bei positivem Ergebnis innerhalb der nächsten fünf Jahre umsetzen.”

Im Kapitel Gesellschaftspolitik unseres Wahlprogramms finden Sie unter 6.3. das Thema Mobilität im Alter, indem wir GRÜNE uns ebenfalls für die Zu-Fußgehenden einsetzen, die ja oft ältere Menschen sind. 

Ein faires und rücksichtsvolles Miteinander ist insbesondere im Straßenverkehr, auf Wegen und öffentlichen Plätzen wichtig. Dabei gilt es, schwächere Verkehrsteilnehmer*innen wie Ältere oder mobilitätseingeschränkte Menschen besonders zu berücksichtigen und zu schützen. 
Die Fußgängerzone wurde ursprünglich für Fußgänger*innen geschaffen. Der zunehmende Liefer- und Radverkehr konkurriert mit dem Ziel nach Aufenthaltsqualität und Sicherheit. Gerade weil der Platz in unserer wachsenden Stadt knapper wird, werden Rücksicht und regelkonformes Verhalten wichtiger. 
>>> Wir setzen uns für Informationskampagnen für ein freundliches und respektvolles Miteinander im Straßenverkehr ein, das auch über Neuerungen der Straßenverkehrsordnung informiert. 
>>> Wir setzen uns für barrierefreie Fußwege mit möglichst ebenem Belag ein.

 

Zu Ihren Forderungen im Einzelnen

  1. Wir setzen uns für freie Gehwege ein und werden bei der Einrichtung des Anwohnerparkens darauf achten, dass das Gehwegparken eindeutig als illegal gekennzeichnet wird.
  2. Kontrollen und Sanktionen haben wir bereits begonnen zu verstärken und wollen dies in den nächsten Jahren fortsetzen.
  3. Eine Informationskampagne wurde bereits beschlossen und wird bald durchgeführt. Sie soll auf die neuen Regeln der StVO und insbesondere auf die Regeln für Radfahrende in der Fußgängerzone hinweisen. Hier sind Rücksicht und Vorsicht gegenüber den Zu-Fußgehenden dringend geboten.
  4. Wir sorgen für mehr Platz für Zu-Fußgehende. Dort wo Fuß- und Radweg gemeinsam geführt werden, wollen wir zukünftig separierte Fuß- und Radwege schaffen. In der Rheinstraße von Luisenplatz bis Kennedyplatz wollen wir ein autofreien Boulevardeinrichten mit mehr Platz und Aufenthaltsqualität für Fußgänger*innen.
  5. Wir setzen uns für barrierefreie Gehwege ein, die auch mit Rollatoren oder Kinderwägen gut genutzt werden können.
  6. Durch die Umstrukturierung des Mobilitätsamt, haben wir dafür gesorgt, dass der Umweltverbund stärker in der Stadtverwaltung berücksichtigt wird. Ihre Anregung für einen Fußverkehrsbeauftragten würden wir gerne aufnehmen und in unserer Fraktion diskutieren.
  7. Wir möchten gerne Ihre Stimme im Stadtparlament sein und versuchen die Belange der zu Fußgehenden in unserem Wahlprogramm stark zu machen. Für Ihre Anregungen stehen wir jederzeit zur Verfügung.

Liebe Sylke Petry, Sie sehen also, dass Ihr Anliegen bei uns eine ausgesprochen hohe Priorität hat und dass wir uns in den kommenden Jahren weiter mit viel Engagement für die Belange der Fußgänger*innen einsetzen werden. Wer den Verkehr auf die Füße bringen will, sollte daher GRÜN wählen!

 

Mit besten Grüßen !

Stefanie Scholz-WillenbockelGRÜNE Stadtverordnete

Heike Böhler, Mitbegründerin des Klimaentscheids  DA